Urheberrecht
Ob es sich um eine außergerichtliche, vorgerichtliche oder gerichtliche Sache im Urheberrecht handelt: Lassen Sie sich vertrauensvoll und fachkundig begleiten und vertreten. Schon im außergerichtlichen Bereich kann es um wichtige Fragen gehen wie das Sondieren der Optionen zur Streitvermeidung und Beilegung. Die AwaltskanzleiLamkemeyer vertritt Sie natürlich auch in Angelegenheiten, wie etwa im Eilverfahren (einstweiliger Rechtsschutz, z.B. "einstweilige Verfügung") bzw. auch im Hauptsacheverfahren
mehr lesen
zurück
-
Anwalt Verkehrsrecht Melle
Wenn es im Straßenverkehr kracht, kommt ein solcher Unfall immer plötzlich und zum schlechtest möglichen Zeitpunkt. Nicht nur, dass man diesen Schock erst einmal verdauen muss. Man hat auch weitaus besseres zu tun, als sich um den ganzen jetzt anstehenden Papierkram zu kümmern. Leider lauern auch hierbei einige rechtliche Fallstricke. Die eigene Versicherung muss ggf. rechtzeitig informiert werden und die gegnerische Haftpflichtversicherung muss ggf. kontaktiert werden. Gerade hierbei sollte man aber nicht auf die netten „Serviceangebote“ gegnerischer Versicherungen ohne vorherige Rücksprache mit dem EIGENEN Anwalt eingehen. Versicherungen wollen Geld sparen und alle Kosten klein halten. Sie klären nicht immer objektiv und vollständig über Ihre Ansprüche als Geschädigte auf! Lassen Sie sich daher nach einem Unfall so schnell wie möglich von der Anwaltskanzlei Lamkemeyer vertreten.
-
Urheberrecht
Das allgemein und zusammenfassend „Urheberrecht“ genannte Rechtsgebiet kann zuweilen sehr kompliziert wirken. Dieses Gebiet findet sich auch nicht nur in einem einzigen Gesetzestext, sondern ist verstreut in verschiedenen Gesetzesbüchern zu finden. Dazu kommt noch die große Anzahl verschiedener Gerichtsurteile, die für die praktische Handhabung von Urheberrechtsfragen und allgemein von Belangen der geistigen Schutzrechte von großer Bedeutung sind und zwar sowohl auf nationaler Ebene, als auch auf europäischer Ebene, insbesondere der Ebene des Europäischen Gerichtshofs EuGH. Überlassen Sie daher die Auswertung und Übertragung dieser Bereiche auf Ihre individuelle Angelegenheit lieber einem auf dieses Rechtsgebiet spezialisierten Anwalt.: Tel.: 05422 / 910 9810
-
Sie denken an nichts Böses, öffnen Ihre Post und finden ein urheberrechtliches Abmahnschreiben vor. Auf den zweiten Blick stellen Sie fest, dass dieses tatsächlich an Sie adressiert ist, obwohl Ihnen gar nicht bewusst ist, dass Sie irgendwelche Urheberrechte verletzt haben. „Das muss doch ein Irrtum sein“, sagt man sich dann. Leider ist es aber häufig kein Irrtum und der dortige Vorwurf ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Im Internet gibt es viele Möglichkeiten, aus Unkenntnis oder Unachtsamkeit die geistigen Schutzrechte anderer zu verletzen. Wenn Ihnen ein solcher Vorwurf gemacht wurde, ist es wichtig, Ruhe zu bewahren. Auf keinen Fall sollten Sie die dort praktischerweise gleich mitgesendete „Unterlassungserklärung“ ohne vorherige anwaltliche Überprüfung unterzeichnen und an den Versender des Abmahnschreibens zurücksenden.
-
Dies kann, muss aber nicht die für Sie richtige Verfahrensweise sein. In der Regel sind derartige vorgefertigte Unterlassungserklärungen auch sehr weit gefasst und wären nicht zwangsläufig in dieser Weite abzugeben. Auch muss nicht in jedem Fall überhaupt eine Unterlassungserklärung abgegeben werden, je nach Einzelfall. Fall dennoch eine Unterlassungserklärung abgegeben wurde, droht später die Einforderung der Zahlung einer Vertragsstrafe, falls Sie, wie auch immer, dagegen verstoßen. Und die Pflicht, die gegnerischen Anwaltskosten der Abmahnung zu zahlen, ist mit der Abgabe eine Unterlassungserklärung auch nicht vom Tisch. Lassen Sie sich lieber anwaltlich beraten, BEVOR Sie etwas rechtlich Relevantes unternehmen. Rufen Sie mich hierzu gerne an und vereinbaren einen Besprechungstermin, gleich nachdem Sie Ihren ersten Schock verdaut haben…
-
Der inzwischen vielfach kommentierten Framing-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (Beschl. v. 21.10.14) lag diese Situation zugrunde: Der Inhaber einer Datenquelle kann im Internet darüber entscheiden, inwiefern und ob überhaupt ein öffentliches Zugänglichmachen des urheberrechtlich geschützten Inhaltes auf seiner Webseite stattfindet. Dafür gibt es verschiedene IT-technische Lösungen. Deshalb handelt es sich laut EuGH bei YouTube-Videos (die ja mit der Technik des sogenannten „Streaming“ bereitgestellt werden) noch nicht um eine nach § 19a UrhG relevante öffentliche Wiedergabe. Zwar handelt es sich bei YouTube-Videos, die mittels Framing in andere Webseiten eingebunden sind, um Fälle der (ebenfalls urheberrechtlich relevanten) „Vervielfältigung“. Im deutschen Urheberrecht ergibt sich aber aus § 16 UrhG in Verbindung mit § 44a UrhG, dass derartige Vervielfältigungen dann ohne Genehmigung des Urhebers zulässig sind, wenn diese nur vorübergehend, also temporär, im Arbeitsspeicher auftauchen. Genau dies ist der Grund, warum der BGH und der EuGH also nur noch zu klären hatten, inwiefern ein derartiges Framing eine Wiedergabehandlung darstellt, die dann ein Inhaber eines solchen geistigen Schutzrechts (Urheber) zu genehmigen hätte. Es ging also diesbezüglich um ein sogenanntes „unbenanntes Verwertungsrecht“ im Zusammenhang mit der öffentlichen Wiedergabe, Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 2001/29/EG.
-
Musik-Urheberrecht auf Basis der Tonsysteme
Im Musik-Urheberrecht kann es unter anderem auch um die Frage gehen, ob Musikstück 1 ein Plagiat von Musikstück 2 ist. Das grundsätzliche rechtliche Problem dabei ist, dass die bei uns gebräuchlichen Tonsysteme auf gleichen bis ähnlichen abstrakten Strukturen bestehen und dass noch verständlich wirkende Musik „Neues erzählen“ muss, aber mittels „des Bekannten“. Wenn dies gelingt (melodisch, stimmführungstechnisch, harmonisch, rhythmisch und bezogen auf Klangfarben und Arrangement) ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass es sich in urheberrechtlicher Hinsicht um ein Plagiat, also um eine Urheberrechtsverletzung, handelt. Allerdings kann man musikalische Plagiate mit diesen Bereichen auch kaschieren, was aber deren Rechtswidrigkeit nicht umgeht, je nach Umfang und Erkennbarkeit des zugrunde liegenden Originals. Abzugrenzen ist dies von der Situation, in der ein Stück nur eine Inspirationsquelle für ein anderes Stück war. Und natürlich ist relevant, ab das Stück überhaupt noch im Anwendungsbereich des Urheberrechtsschutzes steht, oder ob es z.B. bereits durch Zeitablauf gemeinfrei geworden ist. In den relevanten Streitigkeiten zu Plagiatsvorwürfen liegt regelmäßig noch ein grundsätzlicher Schutz eines als „Original“ bezeichneten Werkes vor. Dann muss man sich eingehend mit dem musikalischen Werk als Solches befassen.
-
Daher macht es Sinn, sich zunächst einen abstrakten Überblick zumindest über die bei uns gebräuchlichsten Tonsysteme zu verschaffen. Dann fällt die Einordnung der urheberrechtlich relevanten Eigenständigkeit und Originalität eines Werkes der Tonkunst, wie das UrhG es nennt, leichter. Am gebräuchlichsten in unserem Kulturkreis sind zunächst Tonskalen, die einen Oktavrahmen mit 7 verschiedenen Tönen ausfüllen. Derartige Tonskalen im Oktavrahmen mit 7 verschiedenen Tönen nennt man „heptatonisch“. Der äußere Ton des Rahmenintervalls ist dann der 8. Ton, also die „Oktave“. Gebräuchlich sind Tonsysteme mit 7 verschiedenen Tönen im Oktavrahmen, also die „Heptatonie“.
-
Traditionell sollen Tonskalen keine Intervallsprünge haben, sondern nur Intervallschritte.
Als Schritte werden Intervalle empfunden, die nicht größer als ein Ganzton sind.
Schreitet man durch die Töne, also „diatonos“, im Oktavrahmen mit 7 verschiedenen Tönen, geht dies nur mit 5 Ganztönen und 2 Halbtönen, wenn man eben diese Intervalle vermeiden will, die größer als Ganztöne sind.
Diese 5 Ganztöne und 2 Halbtöne sind das Baumaterial von 3 Grundskalen, die jeweils 7 Modi erzeugen. Diese 3 Grundskalen heißen „Heptatonia prima“, Heptatonia secunda“ und „Heptatonia tertia“.
-
Heptatonia prima (Hep-I):
Grundskala: 1-1-½-1-1-1-½1-1-½-1-1-1-½1-1-½-1-1-1-½1-1-½-1-1-1-½1-1-½-1-1-1-½1-1-½-1-1-1-½
Diese Grundskala findet man z.B. – zumindest in einer von 12 Transpositionsarten – in den weißen Tasten am Klavier. Die Klavierbauer haben uns diese Grundskala also als praktische Serviceleistung in die Tastatur mit eingebaut.
Auf dieser Grundskala sitzen folgende 7 Modi, die – nicht ganz zutreffend – auch „Kirchentonarten“ genannt werden. Diese 7 Modi könnte man auf 2 Arten sortieren:
-
1.: Im Grundton verschobene Sortierung, z.B. auf der Skala C-D-E-F-G-A-H-C-D-E-F-G-A-H-C-D-E-F-G-A-H-C usw:
Modus ionisch Dur = C bis C
Modus dorisch Moll = D bis D
Modus phrygisch Moll = E bis E
Modus lydisch Dur = F bis F
Modus mixolydisch Dur = G bis G
Modus aeolisch Moll = A bis A
Modus lokrisch = H bis H
-
2.: Im Grundton justierte Sortierung von „hell“ nach „dunkel“:
Alle Modi werden auf den gleichen Grundton transponiert am Beispiel Grundton C; dann zeigt sich, dass diese 7 Modi derart miteinander verwandt sind, dass man immer nur einen Skalenton um einen Halbton nach unten alterieren muss (in der Reihenfolge des Quintenzirkels) und dass man dadurch den nächst „dunkleren“ Modus erzeugt. Ausgangspunkt ist der „hellste“ Modus lydisch Dur, da dieser 2 Leittöne hat: Einen Leitton zum Grundton, einen Leitton zur 5. Stufe. Dies lässt diesen Modus als den „hellsten“ der Modi erscheinen. Die „Helligkeit“ nimmt also innerhalb der ersten 3 Dur-Modi immer mehr ab, ebenso wie in den folgenden 3 Moll-Modi bis hin zum letzten „dunkelsten“ Modus lokrisch:
-
lydisch Dur = C-D-E-Fis-G-A-H-C
Fis wird zu F alteriert, lydisch wird zu:
Ionisch Dur = C-D-E-F-G-A-H-C
H wird zu B alteriert, ionisch wird zu:
mixolydisch Dur = C-D-E-F-G-A-B-C
E wird zu Es alteriert, mixolydisch wird zu:
dorisch Moll = C-D-Es-F-G-A-B-C
A wird zu As alteriert, dorisch wird zu:
aeolisch Moll = C-D-Es-F-G-As-B-C
D wird zu Des alteriert, aeolisch wird zu:
phrygisch Moll = C-Des-Es-F-G-As-B-C
G wird zu Ges alteriert, phrygisch wird zu:
lokrisch = C-Des-Es-F-Ges-As-B-C
C wird zu Ces alteriert (enharmonisch H); lokrisch wird enharmonisch wieder zu:
lydisch Dur = H-Cis-Dis-Eis-Fis-Gis-Ais-H
Usw.
-
Besonderheiten und Verwendungsmöglichkeiten der Heptatonia prima – Modi:
1. Umkehrbarkeit der Modi
In der Sortierung von hell nach dunkel zeigt sich, dass dorisch genau in der Mitte liegt. Dorisch ist der einzige Modus, der nicht derart umkehrbar ist, dass er dadurch einen anderen Modus erzeugt. Dorisch bleibt also immer noch dorisch, auch wenn man an der Spiegelachse des Grundtones die Intervalle in die entgegengesetzte Richtung setzt.
Alle anderen Modi außer dorisch bilden in ihrer Umkehrung andere Modi. Dabei wird ionisch Dur zu phrygisch Moll, aeolisch Moll wird zu mixolydisch Dur und lydisch Dur wird zu lokrisch.
-
2. Funktionsharmonielehre auf Basis ionisch Dur:
Der Modus ionisch Dur hat sich als sehr gebräuchlicher Modus herausgebildet.
Das traditionelle System der Funktionsharmonien hat Rameau entwickelt zu dem schon damals im 18. Jahrhundert gebräuchlichsten Modus ionisch Dur, mit gewissen analogen Abstrichen auch noch übertragbar auf den ebenfalls gebräuchlichen Modus aeolisch Moll.
Die Funktionsharmonielehre definiert im ionischen Modus auf den dortigen 3 Dur-Stufen-Dreiklängen (Stufen I, IV und V als Akkordbildung mittels Terzschichtungen) die „Tonika“ auf Stufe I, die „Subdominante“ auf Stufe IV und die „Dominante“ auf Stufe V und auf den dortigen 3 Moll-Stufen (Stufen II, III und VI) um eine kleine Terz nach unter versetzt die Akkorde „Tonikaparallele“ auf Stufe VI, die „Subdominantparallele“ auf Stufe II, die „Dominantparallele“ auf Stufe III und den verminderten Dreiklang auf Stufe VII.
-
Zwischendominanten und Transposition:
Harmonische Erweiterungen ergeben sich durch die Verwendung von Zwischendominanten, also in der Regel Dur-Dreiklängen (bzw. auch Dur-Vierklängen mit kleiner Septime usw.), die sich zu einer der darauf folgenden Stufen des Modus wie eine Dominante verhalten, v.a. zur Stufe II die Stufe VI als Durakkord, zur Stufe III die Stufe VII als Durakkord, zur Stufe VI die Stufe III als Durakkord. Auch Zwischendominanten können ihrerseits wieder durch eigene Zwischendominanten angesteuert werden usw. Zwischendominanten sind natürlich auch außerhalb von ionisch Dur verwendbar.
Durch das temporäre Transponieren, z.B. über Zwischendominanten, oder durch untransponierte Rückungen wird nicht nur ein einzelner Modus, sondern gleich die gesamte Grundskala (hier: Heptatonia prima) auf die Basis eines neuen Grundtones gesetzt.
-
„modal interchange“:
Weitere harmonische Erweiterungen erfährt dieses System durch Harmonien, die entliehen werden aus einer der 7 Stufenakkorde eines anderen Modus mit dem jeweils gleichen Grundton. Diese Erweiterung nennt man auch „modal interchange“. Diese Verfahrensweise ist auch in populärer, harmonisch und melodisch weniger anspruchsvoller Musik geläufig und kann je nach Verwendungsart zu urheberrechtlich eigenwilligen bis nahezu einmaligen harmonischen Konstruktionen führen. Tauchen diese dann in einem anderen Stück auf, kann dies ein Anzeichen für ein Plagiat sein, insbesondere wenn noch weitere Aspekte hinzukommen.
Ein solcher – allerdings sehr geläufiger und vielfach verwendeter – „Modal interchange“-Akkord ist z.B. die in einer aeolischen Skalenmelodie verwendete II. Stufe aus dem phrygischen Modus. Um übermäßige Tonschritte in korrekter Stimmführung zu vermeiden, wird diese „Phrygische II“ als Sextakkord-Umkehrung gespielt. Man nennt diese Erweiterung auch den „Neapolitanischen Sextakkord“, der in der Funktionsharmonielehre so gebräuchlich war, dass er ein eigenes Symbol, das N, erhalten hatte. Typisch phrygische Elemente findet man aber auch z.B. im Heavy Metal und in anderen Bereichen, in denen die Technik der Akkordumkehrungen weniger relevant sind, als beispielsweise in traditioneller Chor- oder Orchestermusik.
-
„modal interchange“ kann mit jeder beliebigen Tonstufe aus jedem beliebigen Modus gemacht werden, welches die Tonalität dann nicht angreift, wenn alle („Leih“-)Modi den gleichen Grundton haben.
In jedem Modus gibt es 7 verschiedene Tonstufen, auf denen man durch Terzschichtungen Dreiklänge (bzw. in harmonischer Fortführung Vierklänge usw.) bilden kann.
In jedem Modus auf der Heptatonia prima gibt es an Dreiklängen 3 Durakkorde, 3 Mollakkorde und einen verminderten Akkord. Nur deren Reihenfolge ist je nach Modus unterschiedlich.
Ausgedrückt in Vierklängen mittels Terzschichtung sind dies:
Durakkorde mit großer Septime (davon je Modus 2Akkorde),
Durakkorde mit kleiner Septime (davon je Modus nur einen Akkord, zusammen mit den obigen 2 Durakkorden also insgesamt 3 Durakkorde)),
Mollakkorde mit kleiner Septime (davon je Modus drei Akkorde)
und halbverminderte Akkorde, also 2 kleine Terzen und eine große Terz (davon je Modus nur einen Akkord).
-
Nur dies sind die „modal interchange“-Akkorde. Davon gibt es also weder einen Mollakkord mit großer Septime, noch einen übermäßigen Akkord, noch einen voll verminderten Akkord usw. Tauchen diese nicht-modal-interchange Akkorde in einem Stück in einer bestimmten Verwendungsform als Gestaltungselement auf, erhöht dies den Grad der dortigen Individualität bzw. kann bei dessen exaktem Auftauchen in einem anderen Stück auch dies ein Anhaltspunkt für ein urheberrechtliches Plagiat sein. Rechtlich entscheidend ist aber immer der Einzelfall.
Natürlich können alle Funktionsharmonien und „modal interchange“-Akkorde noch durch Hinzufügen oder Weglassen beliebiger weiterer Töne alteriert werden (z.B. hinzugefügte 2., 4., 6., 9. und/oder 11. Akkordton-Stufen, weggelassene „suspendierte“ 5 mit Austausch gegen 4 „sus4“, um den Grundton „verkürzter“ Dominantseptakkord usw.) und damit vielfältige harmonische Farbverläufe zeichnen. Selbst die vereinzelte Einfügung von Akkorden, die nicht zu den „modal interchange“-Akkorden gehören, muss noch nicht aus der Tonalität hinausführen.
-
Andere harmonische Erweiterungen sind das Verwenden von Medianten erster, zweiter oder dritter Ordnung oder von Gegenklängen, soweit sich diese nicht ohnehin als Harmonien aus den grundlegenden Funktionsharmonien oder als „modal interchange“-Harmonien darstellen. Diese können dann schon aus der definierten Tonalität hinaus führen. Weitere harmonische Erweiterungen wie die „Tritonussubstitution“ können ebenfalls bereits schrittweise aus dem tonalen System der Funktionsharmonien hinausführen, ebenso wie das Verwenden von Harmonien, die nicht aus der Gruppe der „modal interchange“-Akkorde stammen, z.B. Moll-Vierklänge mit großer Septime oder andere atonal wirkende Akkorde usw.
-
Überträgt man all dies im Sinne von Rameau von ionisch nach aeolisch, ergibt sich, dass Tonika, Subdominante und Dominante Mollakkorde werden und dass die entsprechenden Dur-Paralellakkorde nun eine kleine Terz darüber liegen und dass der verminderte Akkord nun auf der II. Stufe steht. Will man die Wirkung eines „dominierenden“ Akkordes in der Funktion einer „Dominante“ beibehalten, also eines Akkordes mit Leitton zum Grundton, muss man den aeolisch-typischen Mollklang der V- Stufe austauschen mit einem Durklang, so dass die nicht dominierende aeolische Moll-„Dominante“ zur Dur-Dominante mutiert.
-
Man greift also in den grundlegenden Charakter des aeolischen Modus ein und „verbiegt“ ihn in Richtung ionisch. Ähnlich kann man dann noch auf der Stufe der aeolischen Moll-Subdominante verfahren und mutiert diesen dann auch noch zu einem modus-fremden Durakkord. Damit erhält man dann die in Richtung ionisch Dur gerückten Moll-Varianten „harmonisch Moll“ (zum Leitton hochalterierter Ton der 7. Stufe) bzw. „melodisch Moll“ (hochalterierte 6. und 7. Stufe). Die Hörgewohnheit akzeptiert dies als noch zu einem Moll-Modus gehörend. Allgemein sind die Modi keine starr zu verwendenden Gebilde, sonder können beliebig gedehnt, verändert und vermengt werden. Oft schimmert dabei die überragende Dominanz des ionischen Modus durch, siehe Dur-Angleichungen im aeolischen Modus.
Will man aber den Charakter des Modus beibehalten, sollten auch die modus-typischen Positionen geliefert werden und nicht per „modal interchange“ verändert werden, also z.B. die „dorische VI“, die „phrgische II“, die „lydische IV“ usw.
-
4. Funktionsharmonielehre in anderen Modi:
Dieses System der Funktionsharmonien macht also hauptsächlich Sinn in ionischen Melodieskalen und mit erheblichen abändernden Eingriffen in den Charakter des Modus auch noch in aeolischen Skalen.
In allen anderen Modi wird das System der Funktionsharmonien weniger sinnvoll bis völlig unbrauchbar. Z.B. wird man im Modus lydisch keine Subdominante auf der Stufe IV finden und diese kann man auch nicht sinnvoll als „modal interchange“-Akkord aus einem anderen Modus ausborgen, ohne den typischen Charakter des lydischen Modus zu zerstören. Dann bietet es sich an, anstelle des Systems der Funktionsharmonien auf das System der – wertungsfreien – Stufenharmonien zurückzugreifen.
-
Heptatonia secunda (Hep-II):
Grundskala: 1-½-1-1-1-1-½-1-½-1-1-1-1-½-1-1-1-1-½-1-½-1-1-1-1-½-1-1-1-1-½-1-½-1-1-1-1- usw.
Diese Grundskala findet man in der Naturtonreihe, also in der Akustik.
Die Akustik beschreibt in musikalischer Hinsicht deren physikalisch messbaren Eigenschaften unabhängig von Hörgewohnheiten und Traditionen. Ab dem 8 Oberton scheint eine Tonskala messbar, die annähernd die folgende heptatonia secunda – Skala liefert, z.B. bei Basiston C ab dem 8. Oberton: C-D-E-Fis-G-A-B. Als fortgesetzte Skala also: C-D-E-Fis-G-A-B- C-D-E-Fis-G-A-B- C-D-E-Fis-G-A-B- C-D-E-Fis-G-A-B usw. Allerdings ist z.B. das Fis kein genaues Fis, sondern fast exakt in der Mitte zwischen G und F. Auch A und B sind intonatorisch durchaus interpretierbar. Genau genommen ist diese Skala also nur eine an die Akustik interpretatorisch nach Hörgewohnheiten angelehnte und damit nicht ganz vollständig „akustische“ Tonskala. Ob man diese heptatonia secund –Skala also in der Akustik verorten will, ist Ansichtssache.
-
Diese heptatonia secunda – Grundskala findet man unabhängig davon aber auch im Modus „melodisch Moll“, der einer der 7 Modi der heptatonia secunda darstellt, im oberen Beispiel also G-A-B-C-D-E-Fis-G. Man kann also z.B. dieses „melodisch Moll“ (hier: g-Moll) als Bezugspunkt nehmen und als ersten Modus festlegen und darauf aufbauend z.B. im Grundton verschoben die anderen 6 Modi definieren. Auch diese Skala kann man dann – wie bei heptatonia prima – auf zwei Arten sortieren: Im Grundton verschoben und im Grundton justiert:
-
1.: Im Grundton verschobene Sortierung z.B. auf der Skala C-D-E-Fis-G-A-B- C-D-E-Fis-G-A-B- C-D-E-Fis-G-A-B- C-D-E-Fis-G-A-B usw.:
1. Modus: G-A-B-C-D-E-Fis-G
Entspricht „melodisch-Moll“
2. Modus: A-B-C-D-E-Fis-G-A
Entspricht phrygisch mit hochalterierter 6
auch „phrygisch #6“ genannt
3. Modus: B-C-D-E-Fis-G-A-B
Entspricht lydisch mit hochalterierter 5
auch „lydisch #5“ genannt
4. Modus: C-D-E-Fis-G-A-B-C
Entspricht lydisch mit tiefalterierter 7
auch „lydisch dominant“ oder „lydisch b7“ genannt
5. Modus: D-E-Fis-G-A-B-C-D
Entspricht mixolydisch mit tiefalterierter 6
auch „mixolydisch b6“ bzw. „mixo b6“ genannt
6. Modus: E-Fis-G-A-B-C-D-E
Entspricht lokrisch mit hochalterierter 2
(auch „lokrisch #2“ genannt)
7. Modus: Fis-G-A-B-C-D-E-Fis
Entspricht lokrisch mit tiefalterierter 4
auch „super lokrisch“ oder „lokrisch b4“ genannt
-
Diese 7 Modi auf der Heptatonia secunda Grundskala bieten – anders als bei den 7 Heptatonia prima – Modi – nur noch 2 Durakkorde und 2 Mollakkorde in Terzschichten, dafür aber noch 2 verminderte Akkorde und nun erstmals auch einen übermäßigen Akkord (den es ja im Skalenmaterial bei Heptatonia prima gar nicht gibt). Diese weiteren 7 Modi sind zwar weniger gebräuchlich, als die 7 Modi der Heptatinia prima, kommen aber durchaus vor. Im Jazz sind diese nicht wegzudenken. Auch der Modus „harmonisch Moll“ ist sogar in einfachster populärer Musik akzeptiert. Der oben als „4. Modus“ bezeichneter „lydisch b7“ begegnet uns z.B. in der Titelmusik der „Simpsons“. Daher muss nicht alles, was sich verdächtig wie die Titelmusik der „Simpsons“ anhört, gleich ein urheberrechtswidriges Plagiat sein, nur weil das gleiche abstrakte Ausgangsmaterial des betreffenden Modus verwendet wurde. Auch hierbei kommt es immer auf den Einzelfall an.
-
2. : Im Grundton justierte Sortierung; da es hier keine „hell“-„dunkel“ Verwandtschaft in der
Quintenzirkel-Reihenfolge gibt wie bei der Hep-II, können hierbei die oben genannten 7 Modi einfach
auf den jeweils gleichen Grundton transponiert werden, z.B. auf den Grundton C:
1. Modus: C-D-Es-F-G-A-H-C
Entspricht „melodisch-Moll“
2. Modus: C-Des-Es-F-G-A-B-C
Entspricht phrygisch mit hochalterierter 6
auch „phrygisch #6“ genannt
3. Modus: C-D-E-Fis-Gis-A-H-C
Entspricht lydisch mit hochalterierter 5
auch „lydisch #5“ genannt
4. Modus: C-D-E-Fis-G-A-B-C
Entspricht lydisch mit tiefalterierter 7
auch „lydisch dominant“ oder „lydisch b7“ genannt
5. Modus: C-D-E-F-G-As-B-C
Entspricht mixolydisch mit tiefalterierter 6
auch „mixolydisch b6“ bzw. „mixo b6“ genannt
6. Modus: C-D-Es-F-Ges-As-B-C
Entspricht lokrisch mit hochalterierter 2
(auch „lokrisch #2“ genannt)
7. Modus: C-Des-Es-Fes-Ges-As-B-C
Entspricht lokrisch mit tiefalterierter 4
auch „super lokrisch“ oder „lokrisch b4“ genannt
-
Heptatonia tertia (Hep-III):
Grundskala: 1-1-1-1-1-½-½-1-1-1-1-1-½-½-1-1-1-1-1-½-½-1-1-1-1-1-½-½- usw.
Die Grundskala der Heptatonis tertia ist noch weniger normiert, als Hep-II, liefert aber ebenfalls 7 Modi.
In den Heptatonia tertia Modi lassen sich immerhin noch ein vollständiger Dur-Akkord in Terzschichtung und – im Abstand einer Quinte darüber – ein Mollakkord in Terzschichtung erzeugen.
Mangels (zu Unrecht gepflegter) großer praktischer Relevanz dieser Modi dürften sich bei Musik im Rahmen dieser Tonskalen so gut wie keine urheberrechtlich relevanten Plagiate ergeben.
Neben diesen drei Grundskalen Heptatonia prima, secunda und tertia (die ja wie gezeigt nur aus dem Material von 5 Ganztönen und 2 Halbtönen bestehen) gibt es noch weitere heptatonische Skalen, die sich dadurch ergeben, dass man nun auch einen oder mehrere übermäßige Ganztöne in die jeweilige Grundskala einbaut. Die damit erzeugten weiteren Grundskalen erzeugen wiederum jeweils 7 weitere Modi, wie z.B. den Modus „harmonisch Dur“ (z.B. C-D-E-F-G-As-H-C), „ungarisch Moll“ oder „arabisch Dur“ usw. Zur Verwendbarkeit gelten die obigen Ausführungen entsprechend.
-
Zudem gibt es nicht nur die heptatonischen Skalen, sondern auch Tonskalen im Oktavrahmen mit mehr oder mit weniger als 7 verschiedenen Tonstufen. Hierbei ist also der Begriff „Oktave“ eigentlich falsch, da der obere Ton dieses Rahmenintervalls dann eben nicht mehr der 8. Ton ist. Anstelle vom „Doppelfrequenzintervall“ spricht man aber dennoch von der „Oktave“. Der Begriff „Oktave“ ist also der „Leihwagen“ des Musik-Urheberrechts, da ein „Leihwagen“ tatsächlich einen „Mietwagen“ meint…
Nicht-heptatonische Skalen sind z.B. die 7 Modi, die der Komponist Messiaen beschreiben hat in Form der Modi mit beschränkter Transpositionsfähigkeit. Hierzu zählen z.B. die nur 2fach transponierbare Ganztonreihe (nur 6 Tonschritte im „Oktav“rahmen), oder der auch im Jazz sehr geläufige 2. Messiaen-Modus mit ständigem Wechsel von Ganztonschritten und Halbtonschritten usw. In komplexer Musik mit derartigen Kriterien dürften urheberrechtlich relevante Plagiate kaum auftauchen.
-
Zuletzt sei erwähnt, dass man für die Bildung abstrakter Tonsysteme nicht zwangsläufig den „Oktav“rahmen benutzen muss, der dann einen der obigen Modi bietet. Inwiefern es sich dann bereits bei der Erstellung eines solchen neuen Tonsystems um eine eigenständige urheberrechtliche Leistung handelt, wie z.B. bei zweifelsfrei eigenständigen urheberrechtliche geschützten Werken serieller Musik von Karl-Heinz Stockhausen, ist wieder eine Frage des Einzelfalles. Entscheidend ist ein hinreichendes Maß an Eigenständigkeit und Originalität. Völlig irrelevant ist die Frage, wie „schön“ man diese Musik empfindet oder wie erfolgreich diese bei der Zuhörerschaft ankommt.
Diese Ausführungen zum Musik-Urheberrecht sind natürlich nur die abstrakte musiktheoretische Basis für eine rechtliche Einzelfallbewertung zur Frage eines Plagiates.
-
TEXT